Die Behandlung von auditiven und visuellen Wahrnehmungsstörungen kann ein weiterer Bereich der logopädischen Therapie sein. Schwierigkeiten beim Erwerb der Fähigkeit zu Lesen und zu Schreiben sind manchmal auf solche Teilleistungsstörungen zurückzuführen.
Diese Störungen sind unter anderem unter dem Begriff Lese-Rechtschreibschwäche (im Volksmund Legasthenie) bekannt.
Nicht jedes Kind, das Probleme mit dem Lesen und Schreiben hat, ist ein Fall für die Logopädie. Grundsätzlich kann man die Fehlerarten in zwei große Gruppen einteilen: Die Regelfehler und die Fehler, die durch eine Teilleistungsstörung im Bereich der auditiven und / oder visuellen Wahrnehmung, d.h. in der Verarbeitung des Gehörten oder Gesehenen, entstehen.
Regelfehler sind z.B.
- Fehler bei der Groß- und Kleinschreibung
- Fehler bei Dehnung und Dopplung (z.B. "n-nn", "e-eh")
- Ableitungsfehler: Diese betreffen v.a. Endungen von Worten, die anders gesprochen als geschrieben werden; z.B. "Hund": Man hört hinten ein "t", kann sich das richtige "d" aber von der Mehrzahl, "Hunde", gut ableiten.)
- Fehler bei der Zusammen-Getrenntschreibung (z.B. "ichmache - ich mache", "bei den - beiden")
- Fehler bei der Silbentrennung ("Re-gen - Reg-en")
- Fehler bei Sonderschreibweisen (z.B. "v", "ß")
Wahrnehmungsfehler sind beispielsweise:
- Phonemfehler (die Phoneme = Laute werden nicht richtig wahrgenommen und wiedergegeben; die Aussprache des Wortes verändert sich durch die falsche Schreibweise,z.B. durch Auslassen / Hinzufügen von Buchstaben, durch Vertauschen von Buchstaben (Gurge für Gurke, Honig für Honig); dies ist ein Problem der auditiven Wahrnehmung)
- Fehler bei Dehnung / Dopplung ( Diese können durch auditive Wahrnehmungsstörungen auftreten; in diesem Fall wird nicht zwischen kurzen und langen Vokalen unterschieden)
- Graphemfehler: Die Grapheme = Buchstaben müssen in der richtigen Reihenfolge angeordnet werden -> z.B. "Hnud"
- Phonem-Graphem-Fehler: Die Grapheme müssen korrekt den Phonemen zugeordnet werden können.
- Probleme ergeben sich z.B. bei formähnlichen Buchstaben wie "m-n", "T-F"; auch die Wahrnehmung der Raumlage, d.h. wie herum gehört der Buchstabe, kann beeinträchtigt sein; z.B. bei "n-u", "p-b-d"
Kinder lernen schreiben, indem sie das, was sie hören, in Buchstaben umwandeln. Kann ein Kind jedoch das Gehörte nicht richtig analysieren, weil es Schwierigkeiten hat, das Wort in die einzelnen Lautbestandteile zu zerlegen, oder die Laute voneinander zu unterscheiden, so funktioniert diese Übertragung von Lauten zu Buchstaben nicht. Ebenso entstehen Schwierigkeiten, wenn die visuelle Wahrnehmung beeinträchtigt ist; können die Buchstaben nicht voneinander unterschieden werden, so können sie nicht sicher den Lauten zugeordnet werden.
In der logopädischen Diagnostik werden die visuelle und die auditive Wahrnehmung getestet. Fallen in beiden oder in einem der Bereiche Defizite auf, so reden wir von einer Lese-Rechtschreibschwäche. In der Therapie werden diese Wahrnehmungsbereiche je nach Bedarf gezielt gefördert.