Stottern ist eine auffallend häufige Unterbrechung des Sprechablaufs. Es ist charakterisiert durch ein plötzliches Stocken vor einem Wort, einer Silbe oder einem Laut. Es kommen Verzögerungen, Dehnungen und Verkürzungen bei der Aussprache einzelner Buchstaben vor, sowie Wiederholungen von Wort-und Satzteilen. Auch erfolgen Zwischenschiebungen unangepasster Laute. Mit diesen Sprechauffälligkeiten geht häufig eine ungünstige Atemtechnik und eine Fehlkoordination der am Sprechablauf beteiligten Muskelgruppen einher. Je nach Art der Unterbrechungen im Redefluß bezeichnet man das Stottern als tonische oder klonische Störung.
Begleiterscheinungen:
Auffällig sind eine Reihe von Mitbewegungen, die das Stottern begleiten. Es handelt sich dabei um unübliche Bewegungen der Gesichts-und Halsmuskulatur, der Extremitäten oder des ganzen Körpers, die gleichzeitig mit dem Sprechen ausgeführt werden. Im Verlauf der Sprechhemmungen treten oftmals krampfähnliche Bewegungen an Lippen, Zunge oder um die Augenpartie herum auf. Häufig vermeidet der Stotternde direkten Blickkontakt. Sogenannte Flicklaute oder Flickwörter sollen ebenfalls ein fließenderes Sprechen ermöglichen. Wort-und Satzumstellungen, die Verwendung von Synonymen und das geringe Sprechen in schwierigen Situationen dienen als Selbsthilfestrategien. Es fällt auf, dass Stotterer oft nur in bestimmten Situationen unflüssig sprechen. Ihr Sprechverhalten ist also eine Reaktion auf Druck, Streß oder andere psychische Anforderungen.
Entstehung:
Stottern entsteht meist schon im Kindesalter (siehe "Stottern im Kindesalter"). Im Erwachsenenalter stellt sich ein primäres Stottersyndrom wesentlich seltener ein. Häufig handelt es sich dann um Folgeerscheinungen von Hirnverletzungen und -erkrankungen.
Therapie:
In der Stottertherapie wird zunächst das Stotterereignis und die auslösenden Reize mit dem Patienten beobachtet und herausgearbeitet. Außerdem werden die motorischen Abläufe des Sprechvorgangs sowie die individuellen Hilfsmechanismen des Patienten untersucht. Der Patient erfährt, dass sein Stottern ein gestörter Ablauf in der Koordination von Atem-,Sprech- und Stimm-Muskeln ist, der von ihm sehr wohl verändert werden kann. Das Stottern ist kein unabwendbares Schicksal, sondern beeinflußbar.
Genauso notwendig ist es, herauszufinden, welche Reize das Stottern auslösen. Im Gegensatz zum beginnenden Stottern bei Kindern sind beim erwachsenen Stotterer Sprechängste konditioniert, d.h. in Erwartung bestimmter Worte oder Laute, bei bestimmten Gesprächspartnern oder in bestimmten Situationen wird Stottern als unausweichliche Begleiterscheinung erwartet und ein Vermeidungsverhalten (s.o. Begleiterscheinungen) praktiziert. Der Patient wird bezüglich der das Stottern auslösenden Reize desensibilisiert, d.h. er muß in Situationen, in denen er das Stottern zwingend erwartet, lernen, auf sein Vermeidungsverhalten zu verzichten. Erst dann praktiziert er sein reines, eigentliches Stottern und erst jetzt erlernt er Techniken, die ihm helfen, seine Art zu stottern zu vereinfachen. Natürlich ist das flüssige Sprechen das endgültige Ziel der Therapie. Doch der Weg dahin führt über das "flüssige Stottern". Der Patient erlernt Mechanismen, mit denen er auch bei einem schweren Stotterereignis seine Symptomatik so weit verändern kann, dass er in der Lage ist, seinen Satz zu Ende sprechen. Je mehr Stotterereignisse der Patient auf diese Weise verändert, desto mehr verliert das Stottern seinen Schrecken als unveränderliches Schicksal. Mit jedem gelungenen weichen Ausgang aus einem Stotterereignis gewinnt der Patient an Selbstvertrauen und er wird meist schnell wesentlich flüssiger. Das neue, positive Bewegungsmuster verdrängt das alte nach und nach.