Als Dysgrammatismus bezeichnet man eine Sprachstörung, bei der das Kind nicht in der Lage ist, die Regeln der Wort- und Satzlehre (Grammatik) richtig anzuwenden. Das Kind spricht Wortendungen falsch und verdreht die Wortstellung im Satz. Das Kind kann seine Gedanken nicht in der Form wiedergeben, die unsere Sprachregeln vorschreiben.
Aus dem Satz: "Gestern habe ich mit dem Ball gespielt"
wird beim Dysgrammatiker z.B.: "Gestern Ball ich spielen."
Dies hat sehr unterschiedliche Ursachen. Basis des Grammatikerwerbs sind einige vorverbale Kommunikationsformen:
Ein Säugling kann sich in seinem ersten Lebensjahr zunächst mit einer Sache oder einer Person beschäftigen (dies entspricht der grammatikalischen Form "Subjekt-Objekt") und später auch, sich mit einer Person und einer Sache gleichzeitig zu beschäftigen (z.B. Ball spielen mit Mama; dies entspricht der grammatikalischen Struktur "Subjekt-Objekt1-Objekt2").
Im zweiten Lebensjahr reifen mit der Wahrnehmung und der Kognition des jungen Menschen auch seine kommunikativen Fähigkeiten, seien sie verbal oder vorverbal.
Immer kompliziertere Spielchen können bewältigt werden.Da der Grammatikerwerb auf der Basis dieser Fähigkeiten basiert, können ohne diese spielerischen Fähigkeiten auch nicht die entsprechenden sprachlich-grammatikalischen Fähigkeiten erworben werden.
Die Möglichkeit der Schwierigkeiten beim Grammatikerwerb ist unendlich weit gestreut:
Oft liegen Wahrnehmungsschwächen vor.
Beispiele:
- Damit sich ein Kind auf einen Gegenstand und/oder Gesprächspartner konzentrieren kann, muß die visuelle Wahrnehmung entsprechend entwickelt sein.
- Ohne einer entsprechenden Hörwahrnehmung können die sprachlichen Äußerungen des Spielpartners nicht bestimmten Handlungen oder Ereignissen zugeordnet werden.
- Nicht selten sind auch Kinder, die zweisprachig aufwachsen, überfordert, zwei Regelsysteme gleichzeitig zu erwerben.
- Manchmal verhindern auch äußere Umstände (z.B. längere Krankenhausaufenthalte), daß die o.g. Spielphasen nicht stattfinden können.
Die logopädische Behandlung
Zunächst werden durch eine logopädische Diagnostik die Ursachen für einen Dysgrammatismus geklärt.
Sind Probleme bestimmter Sinneswahrnehmungen für den Dysgrammatismus ursächlich, werden diese trainiert. (Siehe dazu auch: Probleme beim Wortschatzerwerb)
Ein Beispiel, wie verbesserte wahrnehmerische Fähigkeiten kindgerecht zu einem verbesserten Syntax führen, ist die "Arbeit über Mißverständnisse": Sagt ein Kind "Da Schere!" (gemeint ist beispielsweise, daß es die Schere haben will), entgegnet der Spielpartner: " Ja, das stimmt. Da ist die Schere von Steffi. Die muß ich ihr noch zurückgeben!" Das Kind reagiert empört oder frustriert auf den Mißerfolg. Dann versteht der Spielpartner den Wunsch:" Ach so! Ich soll Dir die Schere geben! Du willst die Schere haben. Stimmt das? Du willst Die Schere haben?" Das Kind entgegnet: "Ja, Schere haben!" Der Spielpartner fragt erstaunt nach:" Ach, Du hast schon eine Schere? Oder willst Du die Schere haben?" Darauf das Kind:" Ja!" Und der Spielpartner nutzt die Aufmerksamkeit noch einmal:" Du willst die Schere haben! Da hast Du die Schere! Jetzt habe ich endlich kapiert, was Du willst. Du willst die Schere haben!" Zunächst wurde also eine Situation geschaffen, in der eine bestimmte grammatikalische Struktur ("jemand will etwas haben") Sinn macht. Dann wurde über das Mißverständnis die Aufmerksamkeit des Kindes, wie die Situation sprachlich zu bewältigen sei, hergestellt. Und dann wurde wieder und wieder die sprachliche Zielstruktur dargeboten.